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WOLFF
& RAMBOW |
Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft |
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Unterhaltsrechtliche
Leitlinien des OLG Rostock
(Stand: 01.01.2022)
Unterhaltstabelle mit
Zahlbetragstabelle (Düsseldorfer Tabelle) (Pop-up)
Unterhaltsrechtliche
Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Rostock (Stand:
01.01.2022)
Die Familiensenate des Oberlandesgerichts Rostock
verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter
Beachtung der Rechtsprechung des BGH, wobei die Angemessenheit des Ergebnisses
in jedem Fall zu überprüfen ist. Wesentliche
Änderungen zu den bis 31.12.2021 geltenden Leitlinien beruhen auf der Anhebung
des Mindestunterhalts (Verordnung zur Festlegung des Mindestunterhalts
minderjähriger Kinder nach § 1612 a Abs. 1 BGB vom 03.12.2015; BGBl. I S. 2188,
i.d.F. der Vierten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom
30.11.2021; BGBl. I S. 5066), und betreffen die Bedarfssätze beim
Kindesunterhalt im Anhang I. (Unterhaltstabelle). Auch die Bedarfssätze
volljähriger Kinder, die noch im Haushalt eines Elternteils leben (4.
Altersstufe der Unterhaltstabelle), werden zum 01.01.2022 erhöht. Sie betragen,
wie bisher, 125 % des (angehobenen) Bedarfs der 2. Altersstufe. Die
Unterhaltstabelle ist über die 10. Einkommensgruppe hinaus bis zur 15.
Einkommensgruppe fortgeschrieben worden (vgl. BGH, Beschluss vom 16.09.2020,
XII ZB 499/19, FamRZ 2021, 28). Der Erwerbstätigenbonus beim Ehegattenunterhalt
wird auf 1/10 (bisher 1/7) bestimmt. Die Kilometerpauschale wird auf 0,42
EUR/km erhöht.
Im Übrigen bleiben die
Leitlinien gegenüber denen, Stand 01.01.2021, im Wesentlichen unverändert.
Unterhaltsrechtlich
maßgebendes Einkommen
Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist zu unterscheiden, ob es
um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung
einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits
geht.
Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem
steuerrechtlichen Einkommen.
1. Geldeinnahmen
1.1 Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als
Summe aller Einkünfte einschließlich Renten und Pensionen.
1.2 Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen
(z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld), werden sie auf ein Jahr umgelegt.
Einmalige Zahlungen (z. B. Abfindungen) sind auf einen angemessenen Zeitraum
(in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.
1.3 Überstundenvergütungen werden dem Einkommen regelmäßig zugerechnet,
soweit sie in geringem Umfang anfallen oder berufsüblich sind, darüber hinaus
im absoluten Mangelfall (vgl. Nr. 23). Entsprechendes gilt für Einkünfte aus
Nebentätigkeiten.
1.4 Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel
als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen - vermindert um häusliche
Ersparnis - sind jedoch abzuziehen. Bei Aufwendungspauschalen (außer
Kilometergeld) kann 1/3 des Nettobetrages als Einkommen angesetzt werden.
1.5 Bei der Ermittlung des zukünftigen Einkommens eines Selbstständigen ist
in der Regel der Gewinn der letzten drei Jahre zugrunde zu legen. Für die
Vergangenheit sind die im jeweiligen Kalenderjahr erzielten Einkünfte
maßgebend.
1.6
Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen:
Auszugehen ist von den Einnahmen abzüglich notwendiger
Ausgaben. Für Gebäude ist keine
Absetzung
für Abnutzung (AfA) anzusetzen.
1.7 Steuerzahlungen oder -erstattungen sind in der Regel im Kalenderjahr
der tatsächlichen Leistung zu berücksichtigen. Es besteht die Obliegenheit,
mögliche Steuervorteile in Anspruch zu nehmen.
1.8 Sonstige Einnahmen, z. B. Trinkgelder
2.
Auch
folgende Sozialleistungen sind Einkommen:
2.1
Arbeitslosengeld (§ 136 SGB III) und sonstige Lohnersatzleistungen nach dem SGB III (Übergangs-, Ausbildungs-, Kurzarbeiter- und
Insolvenzgeld) sowie Krankengeld
2.2 Arbeitslosengeld II (§§ 19 ff. SGB II) beim Verpflichteten; beim
Berechtigten nur, soweit es um Unterhalt für die Vergangenheit geht und der
Unterhaltsanspruch nicht nach § 33 SGB II auf den Leistungsträger übergegangen ist
2.3 Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt
2.4 BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit
Ausnahme von Vorausleistungen nach § 36 BAföG
2.5 Elterngeld nach Maßgabe des § 11 BEEG
2.6 Unfall- und Versorgungsrenten nach Abzug des Betrages für tatsächliche
Mehraufwendungen
2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindenhilfe,
Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrages für
tatsächliche Mehraufwendungen; §§ 1610 a, 1578 a BGB sind zu beachten.
2.8 Der Anteil des Pflegegeldes bei der Pflegeperson, durch den ihre
Bemühungen abgegolten werden; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt
dies nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.
2.9 In der Regel Leistungen nach §§ 41 bis 43 SGB XII (Grundsicherung) beim
Verwandtenunterhalt, nicht aber beim Ehegattenunterhalt
2.10/11
Kein Einkommen sind Sozialhilfe nach dem SGB XII und
Leistungen nach dem UVG. Die
Unterhaltsforderung
eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen
treuwidrig
sein.
3.
Kindergeld
Kindergeld ist kein Einkommen der Eltern (vgl. Nr. 14).
4. Geldwerte Zuwendungen
des Arbeitgebers
Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z. B. Firmenwagen oder
freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende
Eigenaufwendungen ersparen.
5.
Wohnwert
Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen ist als wirtschaftliche Nutzung des
Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert
sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.
Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den
berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungskosten
und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht
belastet wird, übersteigt. Auszugehen ist vom vollen Mietwert (Nettokaltmiete).
Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das
Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann stattdessen die ersparte Miete
angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen
wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zum endgültigen Scheitern der
Ehe (in der Regel Ablauf des Trennungsjahres, ggf. Zustellung des
Scheidungsantrags) in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt.
6.
Haushaltsführung
Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür
ein Einkommen anzusetzen. Bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen
geschieht das in der Regel mit einem Betrag von 200,00 EUR bis 550,00 EUR.
7.
Einkommen
aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit
Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder
teilweise unberücksichtigt bleiben.
8.
Freiwillige
Zuwendungen Dritter
Freiwillige Zuwendungen Dritter (z. B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen)
sind als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten
entspricht. Eine Anrechnung kommt jedoch dann in Betracht, wenn der
Mindestunterhalt minderjähriger Kinder oder ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB
gleichgestellter volljähriger Kinder bzw. das Existenzminimum des Ehegatten
nicht gedeckt sind.
9.
Erwerbsobliegenheit
und Einkommensfiktion
Einkommen können auch auf Grund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit
erzielbare Einkünfte sein (fiktives Einkommen).
10. Bereinigung des Einkommens
10.1 Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene
Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen).
10.1.1 Es besteht die Obliegenheit,
Steuervorteile in Anspruch zu nehmen (z.B. Eintragung eines Freibetrags bei
Fahrtkosten, für unstreitigen oder rechtskräftig titulierten Unterhalt).
10.1.2 Zur Absicherung einer angemessenen Altersvorsorge kann insbesondere
der nichtselbstständig Erwerbstätige eine zusätzliche Altersvorsorge von bis zu
4 % seines jeweiligen Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres, gegenüber
Ansprüchen auf
Elternunterhalt
von bis zu 5 % seines Bruttoeinkommens betreiben. Wenn der Mindestunterhalt minderjähriger
Kinder oder ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellter volljähriger
Kinder nicht gedeckt ist, sind Aufwendungen für die zusätzliche Altersvorsorge
nicht zu berücksichtigen.
10.2 Berufsbedingte Aufwendungen sind - wenn
sie geltend gemacht, dargelegt und im Falle des Bestreitens bewiesen werden -
im Rahmen des Angemessenen vom Arbeitseinkommen abzuziehen. Eine Schätzung ist
möglich, § 287 ZPO.
10.2.1 Pauschale/Konkrete Aufwendungen
10.2.2 Die Kosten einer notwendigen Pkw-Nutzung für berufsbedingte Fahrten,
insbesondere zum Arbeitsplatz, werden mit einer Pauschale in Höhe von 0,42 EUR
je gefahrenen Kilometer berücksichtigt. Hierin sind Anschaffungs-, Reparatur-
und sonstige Betriebskosten enthalten. Bei langen Fahrtstrecken (ab ca. 30 km
einfach) kann für die Gesamtstrecke nach unten abgewichen werden.
Steuervorteile sind gegenzurechnen.
10.2.3 Die Ausbildungsvergütung eines in der
Berufsausbildung stehenden Kindes, das im Haushalt der Eltern oder eines
Elternteils wohnt, ist vor ihrer Anrechnung in der Regel um einen
ausbildungsbedingten Mehrbedarf von monatlich 100,00 EUR zu kürzen.
10.3 Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch
Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist. Ein auf
überobligatorischer Tätigkeit beruhendes Mehreinkommen kann ganz oder teilweise
anrechnungsfrei bleiben, wenn keine konkreten Betreuungskosten anfallen.
Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in Kindergärten oder vergleichbaren
Einrichtungen mindern das Einkommen nicht; es handelt sich um Mehrbedarf des
Kindes.
10.4 Schulden
Schulden (Zins und Tilgung) sind bei tatsächlicher Zahlung im Rahmen eines
vernünftigen Tilgungsplanes mit angemessenen Raten zu berücksichtigen. Soweit
der Mindestbedarf der Unterhaltsberechtigten nicht gewahrt ist, hat der
Schuldendienst so weit wie möglich und zumutbar zurückzustehen. Im Einzelfall
sind in eine umfassende Interessenabwägung unter Billigkeitsgrundsätzen die
Belange der Unterhaltsberechtigten, des Unterhaltsschuldners (insbesondere sein
Interesse an der Verhinderung einer wachsenden Verschuldung) wie auch der
Drittgläubiger einzubeziehen.
Bei der Bedarfsermittlung für den Ehegattenunterhalt sind grundsätzlich nur
eheprägende Verbindlichkeiten abzusetzen.
Für Minderjährige soll der Mindestunterhalt gesichert
bleiben. Im Rahmen gesteigerter Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB
besteht in der Regel die Obliegenheit zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens
und Geltendmachung der gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen.
10.5 Unterhaltsleistungen an vorrangig Berechtigte sind vorweg abzuziehen;
Unterhaltsleistungen an nachrangig Berechtigte sind angemessen zu
berücksichtigen.
10.6 Vermögensbildende Aufwendungen sind,
soweit sie angemessen sind, abzugsfähig.
10.7. Aufwendungen für die Ausübung des Umgangsrechts,
die erheblich über das übliche Maß hinausgehen, können sich, soweit sie
notwendigerweise anfallen, einkommensmindernd auswirken. Umgangskosten können
durch einen - teilweisen - Abzug vom Einkommen oder durch eine Erhöhung des
Selbstbehalts angemessen berücksichtigt werden.
Kindesunterhalt
11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)
Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender
volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der
Unterhaltstabelle im Anhang I (Düsseldorfer Tabelle). Bei minderjährigen
Kindern kann er als Festbetrag oder gemäß § 1612 a BGB als Prozentsatz des
jeweiligen Mindestunterhalts geltend gemacht werden.
11.1 Die Tabellensätze enthalten keine Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind, wenn dieses nicht in einer
gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist. Das Nettoeinkommen des
Verpflichteten ist um solche zusätzlich zu zahlenden Versicherungskosten zu
bereinigen. Kosten für den Besuch eines Kindergartens oder vergleichbare
Betreuungsformen werden mit Ausnahme der Verpflegungskosten durch die
Tabellensätze nicht erfasst. Sie sind Mehrbedarf des Kindes.
11.2 Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der
Unterhaltspflichtige zwei Berechtigten Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer
größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind in der Regel Ab-
oder Zuschläge durch Einstufung in eine niedrigere oder höhere Einkommensgruppe
vorzunehmen.
Bei einer größeren Anzahl von Unterhaltsberechtigten kann eine Korrektur an
Hand des Bedarfskontrollbetrages erfolgen. Der Bedarfskontrollbetrag des
Unterhaltspflichtigen ab Gruppe 2 ist nicht identisch mit dem Eigenbedarf. Er
soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem
Unterhaltspflichtigen und den Unterhaltsberechtigten gewährleisten. Erreicht
das dem Unterhaltspflichtigen nach Abzug aller Unterhaltslasten verbleibende
bereinigte Einkommen nicht den für die Einkommensgruppe ausgewiesenen
Bedarfskontrollbetrag, ist soweit herabzustufen, bis dem Unterhaltspflichtigen
der entsprechende Kontrollbetrag verbleibt.
12. Minderjährige Kinder
12.1 Der sorgeberechtigte Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut,
leistet in der Regel hierdurch seinen Beitrag zum Kindesunterhalt (§ 1606 Abs.
3 Satz 2 BGB).
12.2 Einkommen des minderjährigen Kindes, das nach Abzug
ausbildungsbedingter Kosten (vgl. Nr. 10.2.3) verbleibt, ist in der Regel zur
Hälfte auf den Barunterhalt anzurechnen. Arbeitseinkünfte geringen Umfangs
(z.B. Ferienjobs) oder aus unterhaltsrechtlich nicht gebotener Tätigkeit
bleiben unberücksichtigt.
12.3 Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil in der
Regel keinen Barunterhalt zu leisten, es sei denn, sein Einkommen ist bedeutend
höher als das des anderen Elternteils oder der eigene angemessene Unterhalt
(1.400,00 EUR) des sonst allein barunterhaltspflichtigen Elternteils ist
gefährdet (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB) und der des anderen nicht.
Sind bei auswärtiger Unterbringung beide Elternteile zum Barunterhalt
verpflichtet, haften sie anteilig nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB für den
Gesamtbedarf. Betreuungsleistungen sind zu berücksichtigen.
12.4 Bei Zusatzbedarf (Verfahrens-/Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf,
Sonderbedarf) gilt § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB. Die Kosten für den Kindergarten
(ohne Verpflegungskosten) oder vergleichbare Betreuungseinrichtungen sind
Mehrbedarf des Kindes.
13.
Volljährige Kinder
13.1 Bedarf
Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu unterscheiden, ob sie noch im
Haushalt der Eltern/eines Elternteils leben oder einen eigenen Hausstand haben.
13.1.1 Volljährige Kinder, die noch im
Haushalt eines Elternteils leben:
Der Bedarf volljähriger unverheirateter Kinder ist der 4. Altersstufe der
beiliegenden Unterhaltstabelle zu entnehmen, solange sie im Haushalt der Eltern
oder eines Elternteils leben; die maßgebende Einkommensgruppe ergibt sich, wenn
beide Elternteile leistungsfähig sind, aus den zusammengerechneten Einkünften
der Eltern ohne Erhöhung/Herabsetzung nach Nr. 11.2. Ein Elternteil hat jedoch
höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein aus seinem Einkommen nach
der Tabelle ergibt.
13.1.2 Andere volljährige Kinder:
Der Bedarf (einschließlich Wohnbedarf) eines nicht unter Nr. 13.1.1
fallenden Kindes beträgt 860,00 EUR monatlich.
In diesem Betrag sind Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie
Studiengebühren, mit Ausnahme der Semesterbeiträge, nicht enthalten.
Von
diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die
Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.
13.2 Auf den Unterhaltsbedarf werden das volle Kindergeld (Nr. 14) und die
Einkünfte des Kindes, auch BAföG-Darlehen und Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um
ausbildungsbedingte Aufwendungen) angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer
Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2 BGB entsprechend.
13.3 Bei anteiliger Barunterhaltspflicht ist vor
Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB das bereinigte
Nettoeinkommen jedes Elternteils gemäß Nr. 10 zu ermitteln. Außerdem sind vom
Restbetrag ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts von 1.400,00
EUR und Unterhaltsleistungen für vorrangig Berechtigte abzuziehen.
Bei volljährigen Schülern, die in § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB minderjährigen
Kindern gleichgestellt sind, wird der Sockelbetrag bis zum notwendigen
Selbstbehalt (1.160,00 EUR/960,00 EUR) herabgesetzt, wenn der Bedarf der Kinder
andernfalls nicht gedeckt werden kann.
14. Verrechnung des Kindergeldes
Kindergeld
ist nach Maßgabe des § 1612 b BGB zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu
verwenden.
Ehegattenunterhalt
15. Unterhaltsbedarf
15.1 Bei der Bedarfsbemessung dürfen nur eheprägendes Einkommen und
grundsätzlich nur eheprägende Schulden berücksichtigt werden. Spätere
Änderungen des verfügbaren Einkommens der Ehegatten sind grundsätzlich zu
berücksichtigen, unabhängig davon, wann
sie
eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Erhöhungen handelt. Eine
Einkommensreduzierung ist dann unbeachtlich, wenn sie auf einem
unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten beruht. Unerwartete, nicht in der
Ehe angelegte Steigerungen des Einkommens des Unterhaltspflichtigen
(insbesondere aufgrund eines Karrieresprungs) oder auf Wiederverheiratung
beruhende Steuervorteile bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie dienen zum
Ausgleich des hinzugetretenen Bedarfs weiterer Unterhaltsberechtigter.
15.2 Es gilt der Halbteilungsgrundsatz; vom bereinigten Nettoerwerbseinkommen
ist ein Erwerbstätigenbonus von 1/10 abzuziehen.
Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind, so wird sein Einkommen
vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um den Zahlbetrag (Tabellenbetrag
abzüglich des anzurechnenden Kindergeldes) bereinigt. Erbringt der
Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, so gilt Nr. 10.3.
15.3 Bei sehr guten Einkommensverhältnissen des Pflichtigen kommt eine
konkrete Bedarfsberechnung in Betracht.
15.4 Werden Altersvorsorge-, Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom
Berechtigten gesondert geltend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind
diese von dem Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen. Der Vorwegabzug
unterbleibt, soweit nicht verteilte Mittel zur Verfügung stehen, z. B. durch
Anrechnung nicht prägenden Einkommens des Berechtigten auf seinen Bedarf.
Vorsorgeunterhalt kann nur beansprucht werden, wenn der Elementarunterhalt in
Höhe des notwendigen Selbstbehalts für Nichterwerbstätige sichergestellt ist.
16. Bedürftigkeit
Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei
das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern
ist.
17. Erwerbsobliegenheit
17.1 Bei Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes kann bis zur Vollendung
des 3. Lebensjahres eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden. Danach besteht
eine Erwerbsobliegenheit nach Maßgabe der Betreuungsbedürftigkeit und der
zumutbaren Betreuungsmöglichkeit. Soweit mehrere Kinder zu betreuen sind, ist
auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen.
Geht der unterhaltsberechtigte Ehegatte über das an sich zumutbare Maß
hinaus einer Erwerbstätigkeit nach, so richtet sich die Anrechenbarkeit seines
dadurch erzielten Einkommens auf den Unterhaltsanspruch nach § 1577 Abs. 2 BGB.
17.2 In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der
Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer
Erwerbstätigkeit.
Weitere
Unterhaltsansprüche
18. Ansprüche nach § 1615 l BGB
Der Bedarf der Mutter oder des Vaters eines nichtehelichen Kindes richtet
sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils (§§ 1615 l Abs. 3 Satz
1, 1610 BGB).
19. Elternunterhalt
Beim
Bedarf der Eltern sind Leistungen nach den §§ 41 bis 43 SGB XII
(Grundsicherung) zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9).
20. Lebenspartnerschaft
Bei Getrenntleben oder Aufhebung der
Lebenspartnerschaft gelten die §§ 12, 16 LPartG.
Leistungsfähigkeit
und Mangelfall
21. Selbstbehalt des Verpflichteten
21.1 Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB),
dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB) sowie dem Selbstbehalt gegenüber Ehegatten
(§ 1581 BGB).
21.2 Für Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und diesen nach § 1603
Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten volljährigen Kindern gilt im Allgemeinen der
notwendige Selbstbehalt als unterste Grenze der Inanspruchnahme.
Er beträgt
- beim Erwerbstätigen 1.160,00 EUR
- beim Nichterwerbstätigen 960,00 EUR.
21.3 Im Übrigen gilt beim Verwandtenunterhalt
der angemessene Selbstbehalt.
21.3.1 Er beträgt gegenüber volljährigen Kindern, die nicht gemäß § 1603
Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert sind, 1.400,00
EUR.
21.3.2 Gegenüber der Mutter oder dem Vater nichtehelicher Kinder nach §
1615 l Abs. 1 BGB beträgt der angemessene Selbstbehalt 1.280,00 EUR.
21.3.3 Gegenüber Eltern beträgt der Selbstbehalt mindestens 2.000,00 EUR
zuzüglich der Hälfte des darüber hinausgehenden
Einkommens (bei Vorteilen des Zusammenlebens in der Regel 45 % des darüber
hinausgehenden Einkommens). Unabhängig vom Selbstbehalt wird die
Inanspruchnahme auf Elternunterhalt bei übergegangenen Ansprüchen begrenzt
durch die Regelungen im Gesetz zur Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger
in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigenentlastungsgesetz
vom 10. Dezember 2019; BGBl I S. 2135). Der angemessene Unterhalt eines mit dem
Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten bemisst sich nach den
ehelichen Lebensverhältnissen (Halbteilungsgrundsatz), beträgt jedoch
mindestens 1.600,00 EUR.
21.3.4. Für den Selbstbehalt gegenüber Enkeln
gilt 21.3.3 entsprechend.
21.4 Gegenüber Ehegatten beträgt der
Selbstbehalt (§ 1581 BGB) 1.280,00 EUR.
Bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere im absoluten
Mangelfall, kann der Selbstbehalt angemessen bis zum notwendigen Selbstbehalt
(1.160,00 EUR/960,00 EUR) vermindert werden.
21.5 Beim Verwandtenunterhalt kann der jeweilige Selbstbehalt
unterschritten werden, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder
teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt ist (vgl. Nr. 22). Wegen der
Kostenersparnisse bei gemeinschaftlicher Haushaltsführung kommt eine Kürzung
des Selbstbehalts dann in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige mit einem
Dritten zusammenlebt.
22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten
22.1 Der Mindestbedarf des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden
Ehegatten bei Ansprüchen des nachrangigen geschiedenen Ehegatten beträgt 1.024,00 EUR.
22.2 Der Mindestbedarf des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden
Ehegatten bei Ansprüchen nicht privilegierter volljähriger Kinder beträgt 1.120,00 EUR.
22.3 Zum Mindestbedarf des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden
Ehegatten bei Ansprüchen von Eltern oder Enkeln vgl. 21.3.3 bzw. 21.3.4.
23. Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten
23.1 gegenüber einem nachrangigen
geschiedenen Ehegatten 1.280,00 EUR
23.2 gegenüber nicht privilegierten
volljährigen Kindern 1.400,00 EUR
23.3 gegenüber Eltern und Enkeln des
Unterhaltspflichtigen 2.000,00 EUR
24. Mangelfall
24.1 Grundsatz
Reicht der Betrag, der zur Erfüllung mehrerer Unterhaltsansprüche unter
Berücksichtigung des Selbstbehalts des Verpflichteten (Nr. 21) zur Verfügung
steht, nicht aus, um alle Ansprüche zu erfüllen, so ist der den Selbstbehalt
übersteigende Betrag auf die Berechtigten unter Beachtung der Rangverhältnisse
zu verteilen.
24.2 Einsatzbeträge
Die Einsatzbeträge für minderjährige unverheiratete und ihnen
gleichgestellte volljährige Kinder entsprechend den Tabellenbeträgen der ersten
Einkommensgruppe der Tabelle in Anlage I abzüglich des nach § 1612 b Abs. 1 BGB
zur Bedarfsdeckung zu verwendenden Kindergeldes.
24.3 Berechnung
Die
nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen verbleibende
Verteilungsmasse ist anteilig auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im
Verhältnis der (ggf. um eigene Einkünfte gekürzten)
Einsatzbeträge zu verteilen.
24.4 Angemessenheitskontrolle
Das im Rahmen der Mangelfallberechnung
gewonnene Ergebnis ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen.
Sonstiges
25. Rundung
Der Unterhaltsbetrag
ist auf volle EUR aufzurunden, soweit er sich nicht unmittelbar aus den
Zahlbetragstabellen ergibt.
Anlagen
I.
Unterhaltstabelle
II.
Zahlbetragstabellen