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WOLFF & RAMBOW |
Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft |
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(Stand: 01.01.2025)
Unterhaltstabelle mit
Zahlbetragstabelle (Düsseldorfer Tabelle)
Die Familiensenate des Oberlandesgerichts Rostock verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH, wobei die Angemessenheit des Ergebnisses in jedem Fall zu überprüfen ist. Wesentliche Änderungen zu den bis 31.12.2024 geltenden Leitlinien beruhen auf der Anhebung des Mindestunterhalts (Verordnung zur Festlegung des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder nach § 1612 a Abs. 1 BGB vom 03.12.2015; BGBl. I S. 2188, i.d.F. der Siebten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 21.11.2024; BGBl. I Nr. 359) und des Kindergeldes (Art. 6 des Steuerfortentwicklungsgesetzes vom 23.12.2024; BGBl. I Nr. 449) und betreffen die Bedarfssätze beim Kindesunterhalt im Anhang I. (Unterhaltstabelle) und die Zahlbetragstabelle im Anhang II. Auch die Bedarfssätze volljähriger Kinder, die noch im Haushalt eines Elternteils leben (4. Altersstufe der Unterhaltstabelle), werden zum 01.01.2025 erhöht. Sie betragen, wie bisher, 125 % des (angehobenen) Bedarfs der 2. Altersstufe. Der monatliche Bedarf von volljährigen, in Ausbildung befindlichen Kindern, die nicht mehr im Haushalt eines Elternteils leben, beträgt ab 01.01.2025 990,00 EUR.
Im Übrigen bleiben die Leitlinien gegenüber denen, Stand 01.01.2024, im Wesentlichen unverändert.
Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen
Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.
Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.
1. Geldeinnahmen
1.1 Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte einschließlich Renten und Pensionen.
1.2 Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld), werden sie auf ein Jahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z. B. Abfindungen) sind auf einen angemessenen Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.
1.3 Überstundenvergütungen werden dem Einkommen regelmäßig zugerechnet, soweit sie in geringem Umfang anfallen oder berufsüblich sind, darüber hinaus im absoluten Mangelfall (vgl. Nr. 23). Entsprechendes gilt für Einkünfte aus Nebentätigkeiten.
1.4 Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen - vermindert um häusliche Ersparnis - sind jedoch abzuziehen. Bei Aufwendungspauschalen (außer Kilometergeld) kann 1/3 des Nettobetrages als Einkommen angesetzt werden.
1.5 Bei der Ermittlung des zukünftigen Einkommens eines Selbstständigen ist in der Regel der Gewinn der letzten drei Jahre zugrunde zu legen. Für die Vergangenheit sind die im jeweiligen Kalenderjahr erzielten Einkünfte maßgebend.
1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen: Auszugehen ist von den Einnahmen abzüglich notwendiger Ausgaben. Für Gebäude ist keine Absetzung für Abnutzung (AfA) anzusetzen.
1.7 Steuerzahlungen oder -erstattungen sind in der Regel im Kalenderjahr der tatsächlichen Leistung zu berücksichtigen. Es besteht die Obliegenheit, mögliche Steuervorteile in Anspruch zu nehmen. Steuervorteile, die auf unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigenden Aufwendungen beruhen, bleiben in der Regel außer Betracht.
1.8 Sonstige Einnahmen, z. B. Trinkgelder
2. Auch folgende Sozialleistungen sind Einkommen:
2.1 Arbeitslosengeld (§ 136 SGB III) und sonstige Lohnersatzleistungen nach dem SGB III (Übergangs-, Ausbildungs-, Kurzarbeiter- und Insolvenzgeld) sowie Krankengeld
2.2 Leistungen nach dem SGB II (§§ 19 ff. SGB II) beim Verpflichteten; beim Berechtigten nur, soweit es um Unterhalt für die Vergangenheit geht und der Unterhaltsanspruch nicht nach § 33 SGB II auf den Leistungsträger übergegangen ist
2.3 Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt
2.4 BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit Ausnahme von Vorausleistungen nach § 36 BAföG
2.5 Elterngeld nach Maßgabe des § 11 BEEG
2.6 Unfall- und Versorgungsrenten nach Abzug des Betrages für tatsächliche Mehraufwendungen
2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindenhilfe, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrages für tatsächliche Mehraufwendungen; §§ 1610 a, 1578 a BGB sind zu beachten.
2.8 Der Anteil des Pflegegeldes bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.
2.9 In der Regel Leistungen nach §§ 41 bis 43 SGB XII (Grundsicherung) beim Verwandtenunterhalt, nicht aber beim Ehegattenunterhalt
2.10/11
Kein Einkommen sind Sozialhilfe nach dem SGB XII und Leistungen nach dem UVG. Die
Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen
treuwidrig sein.
3. Kindergeld
Kindergeld ist kein Einkommen der Eltern (vgl. Nr. 14).
4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers
Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z. B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.
5. Wohnwert
Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.
Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungskosten und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt. Auszugehen ist vom vollen Mietwert (Nettokaltmiete). Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann stattdessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zum endgültigen Scheitern der Ehe (in der Regel Ablauf des Trennungsjahres, ggf. Zustellung des Scheidungsantrags) in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt.
6. Haushaltsführung
Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen. Bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen geschieht das in der Regel mit einem Betrag von 200,00 EUR bis 550,00 EUR.
7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit
Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.
8. Freiwillige Zuwendungen Dritter
Freiwillige Zuwendungen Dritter (z. B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht. Eine Anrechnung kommt jedoch dann in Betracht, wenn der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder oder ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellter volljähriger Kinder bzw. das Existenzminimum des Ehegatten nicht gedeckt sind.
9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion
Einkommen können auch auf Grund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein (fiktives Einkommen).
10. Bereinigung des Einkommens
10.1 Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen).
10.1.1 Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen (z.B. Eintragung eines Freibetrags bei Fahrtkosten, für unstreitigen oder rechtskräftig titulierten Unterhalt).
10.1.2 Zur Absicherung einer angemessenen Altersvorsorge kann insbesondere der nichtselbstständig Erwerbstätige eine zusätzliche Altersvorsorge von bis zu 4 % seines jeweiligen Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres, gegenüber Ansprüchen auf Elternunterhalt von bis zu 5 % seines Bruttoeinkommens betreiben. Wenn der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder oder ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellter volljähriger Kinder nicht gedeckt ist, sind Aufwendungen für die zusätzliche Altersvorsorge nicht zu berücksichtigen.
10.2 Berufsbedingte Aufwendungen sind - wenn sie geltend gemacht, dargelegt und im Falle des Bestreitens bewiesen werden - im Rahmen des Angemessenen vom Arbeitseinkommen abzuziehen. Eine Schätzung ist möglich, § 287 ZPO.
10.2.1 Pauschale/Konkrete Aufwendungen
10.2.2 Die Kosten einer notwendigen Pkw-Nutzung für berufsbedingte Fahrten, insbesondere zum Arbeitsplatz, werden mit einer Pauschale in Höhe von 0,42 EUR je gefahrenen Kilometer berücksichtigt. Hierin sind Anschaffungs-, Reparatur- und sonstige Betriebskosten enthalten. Bei langen Fahrtstrecken (ab ca. 30 km einfach) kann für die Gesamtstrecke nach unten abgewichen werden. Steuervorteile sind gegenzurechnen.
10.2.3 Die Ausbildungsvergütung eines in der Berufsausbildung stehenden Kindes, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, ist vor ihrer Anrechnung in der Regel um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf von monatlich 100,00 EUR zu kürzen.
10.3 Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist. Ein auf überobligatorischer Tätigkeit beruhendes Mehreinkommen kann ganz oder teilweise anrechnungsfrei bleiben, wenn keine konkreten Betreuungskosten anfallen. Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen mindern das Einkommen nicht; es handelt sich um Mehrbedarf des Kindes.
10.4 Schulden
Schulden (Zins und Tilgung) sind bei tatsächlicher Zahlung im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplanes mit angemessenen Raten zu berücksichtigen. Soweit der Mindestbedarf der Unterhaltsberechtigten nicht gewahrt ist, hat der Schuldendienst so weit wie möglich und zumutbar zurückzustehen. Im Einzelfall sind in eine umfassende Interessenabwägung unter Billigkeitsgrundsätzen die Belange der Unterhaltsberechtigten, des Unterhaltsschuldners (insbesondere sein Interesse an der Verhinderung einer wachsenden Verschuldung) wie auch der Drittgläubiger einzubeziehen.
Bei der Bedarfsermittlung für den Ehegattenunterhalt sind grundsätzlich nur eheprägende Verbindlichkeiten abzusetzen.
Für Minderjährige soll der Mindestunterhalt gesichert bleiben. Im Rahmen gesteigerter Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB besteht in der Regel die Obliegenheit zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens und Geltendmachung der gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen.
10.5 Unterhaltsleistungen an vorrangig Berechtigte sind vorweg abzuziehen; Unterhaltsleistungen an nachrangig Berechtigte sind angemessen zu berücksichtigen.
10.6 Vermögensbildende Aufwendungen sind, soweit sie angemessen sind, abzugsfähig.
10.7. Aufwendungen für die Ausübung des Umgangsrechts, die erheblich über das übliche Maß hinausgehen, können sich, soweit sie notwendigerweise anfallen, einkommensmindernd auswirken. Umgangskosten können durch einen - teilweisen - Abzug vom Einkommen oder durch eine Erhöhung des Selbstbehalts angemessen berücksichtigt werden.
Kindesunterhalt
11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)
Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Unterhaltstabelle im Anhang I (Düsseldorfer Tabelle). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder gemäß § 1612 a BGB als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts geltend gemacht werden.
11.1 Die Tabellensätze enthalten keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind, wenn dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist. Das Nettoeinkommen des Verpflichteten ist um solche zusätzlich zu zahlenden Versicherungskosten zu bereinigen. Kosten für den Besuch eines Kindergartens oder vergleichbare Betreuungsformen werden mit Ausnahme der Verpflegungskosten durch die Tabellensätze nicht erfasst. Sie sind Mehrbedarf des Kindes.
11.2 Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige zwei Berechtigten Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind in der Regel Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in eine niedrigere oder höhere Einkommensgruppe vorzunehmen.
Bei einer größeren Anzahl von Unterhaltsberechtigten kann eine Korrektur an Hand des Bedarfskontrollbetrages erfolgen. Der Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen ab Gruppe 2 ist nicht identisch mit dem Eigenbedarf. Er soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltspflichtigen und den Unterhaltsberechtigten gewährleisten. Erreicht das dem Unterhaltspflichtigen nach Abzug aller Unterhaltslasten verbleibende bereinigte Einkommen nicht den für die Einkommensgruppe ausgewiesenen Bedarfskontrollbetrag, ist soweit herabzustufen, bis dem Unterhaltspflichtigen der entsprechende Kontrollbetrag verbleibt.
12. Minderjährige Kinder
12.1 Der sorgeberechtigte Elternteil, der ein
minderjähriges Kind betreut, leistet in der Regel hierdurch seinen Beitrag zum
Kindesunterhalt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB).
12.2 Einkommen des minderjährigen Kindes, das
nach Abzug ausbildungsbedingter Kosten (vgl. Nr. 10.2.3) verbleibt, ist in der
Regel zur Hälfte auf den Barunterhalt anzurechnen. Arbeitseinkünfte geringen
Umfangs (z.B. Ferienjobs) oder aus unterhaltsrechtlich nicht gebotener Tätigkeit
bleiben unberücksichtigt.
12.3 Der betreuende Elternteil braucht neben
dem anderen Elternteil in der Regel keinen Barunterhalt zu leisten, es sei
denn, sein Einkommen ist bedeutend höher als das des anderen Elternteils oder
der eigene angemessene Unterhalt (1.750,00 EUR) des sonst allein
barunterhaltspflichtigen Elternteils ist gefährdet (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB)
und der des anderen nicht.
Sind bei auswärtiger Unterbringung beide
Elternteile zum Barunterhalt verpflichtet, haften sie anteilig nach § 1606 Abs.
3 Satz 1 BGB für den Gesamtbedarf. Betreuungsleistungen sind zu
berücksichtigen.
12.4 Bei Zusatzbedarf (Verfahrens-/Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB. Die Kosten für den Kindergarten (ohne Verpflegungskosten) oder vergleichbare Betreuungseinrichtungen sind Mehrbedarf des Kindes.
13.
Volljährige Kinder
13.1 Bedarf
Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu
unterscheiden, ob sie noch im Haushalt der Eltern/eines Elternteils leben oder
einen eigenen Hausstand haben.
13.1.1 Volljährige Kinder, die noch im Haushalt eines Elternteils leben:
Der Bedarf volljähriger unverheirateter
Kinder ist der 4. Altersstufe der beiliegenden Unterhaltstabelle zu entnehmen,
solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben; die maßgebende
Einkommensgruppe ergibt sich, wenn beide Elternteile leistungsfähig sind, aus
den zusammengerechneten Einkünften der Eltern ohne Erhöhung/Herabsetzung nach
Nr. 11.2. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich
allein aus seinem Einkommen nach der Tabelle ergibt.
13.1.2 Andere volljährige Kinder:
Der Bedarf (einschließlich Wohnbedarf) eines
nicht unter Nr. 13.1.1 fallenden Kindes beträgt 990,00 EUR monatlich.
In diesem Betrag sind Beiträge zur Kranken-
und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren, mit Ausnahme der
Semesterbeiträge, nicht enthalten.
Von diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf
oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.
13.2 Auf den Unterhaltsbedarf werden das volle
Kindergeld (Nr. 14) und die Einkünfte des Kindes, auch BAföG-Darlehen und
Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen) angerechnet.
Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2 BGB
entsprechend.
13.3 Bei anteiliger
Barunterhaltspflicht ist vor Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606 Abs. 3
Satz 1 BGB das bereinigte Nettoeinkommen jedes Elternteils gemäß Nr. 10 zu
ermitteln. Außerdem sind vom Restbetrag ein Sockelbetrag in Höhe des
angemessenen Selbstbehalts von 1.750,00 EUR und Unterhaltsleistungen für
vorrangig Berechtigte abzuziehen.
Bei volljährigen Schülern, die in § 1603 Abs.
2 Satz 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind, wird der Sockelbetrag
bis zum notwendigen Selbstbehalt (1.450,00 EUR/1.200,00 EUR) herabgesetzt, wenn
der Bedarf der Kinder andernfalls nicht gedeckt werden kann.
14. Verrechnung des Kindergeldes
Kindergeld ist nach Maßgabe des § 1612 b BGB
zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden.
Ehegattenunterhalt
15. Unterhaltsbedarf
15.1 Bei der Bedarfsbemessung dürfen nur
eheprägendes Einkommen und grundsätzlich nur eheprägende Schulden
berücksichtigt werden. Spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens der
Ehegatten sind grundsätzlich zu berücksichtigen, unabhängig davon, wann sie
eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Erhöhungen handelt. Eine
Einkommensreduzierung ist dann unbeachtlich, wenn sie auf einem
unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten beruht. Unerwartete, nicht in der
Ehe angelegte Steigerungen des Einkommens des Unterhaltspflichtigen
(insbesondere aufgrund eines Karrieresprungs) oder auf Wiederverheiratung
beruhende Steuervorteile bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie dienen zum
Ausgleich des hinzugetretenen Bedarfs weiterer Unterhaltsberechtigter.
15.2 Es gilt der Halbteilungsgrundsatz; vom
bereinigten Nettoerwerbseinkommen ist ein Erwerbstätigenbonus von 1/10
abzuziehen.
Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein
Kind, so wird sein Einkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um den Zahlbetrag
(Tabellenbetrag abzüglich des anzurechnenden Kindergeldes) bereinigt. Erbringt
der Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, so gilt Nr. 10.3.
15.3 Bei sehr guten Einkommensverhältnissen
des Pflichtigen kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht.
15.4 Werden Altersvorsorge-, Kranken- und
Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten gesondert geltend gemacht oder vom
Verpflichteten bezahlt, sind diese von dem Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen.
Der Vorwegabzug unterbleibt, soweit nicht verteilte Mittel zur Verfügung
stehen, z. B. durch Anrechnung nicht prägenden Einkommens des Berechtigten auf
seinen Bedarf. Vorsorgeunterhalt kann nur beansprucht werden, wenn der
Elementarunterhalt in Höhe des notwendigen Selbstbehalts für Nichterwerbstätige
sichergestellt ist.
16. Bedürftigkeit
Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf
den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den
Erwerbstätigenbonus zu vermindern ist.
17. Erwerbsobliegenheit
17.1 Bei Betreuung eines gemeinschaftlichen
Kindes kann bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres eine Erwerbstätigkeit nicht
erwartet werden. Danach besteht eine Erwerbsobliegenheit nach Maßgabe der
Betreuungsbedürftigkeit und der zumutbaren Betreuungsmöglichkeit. Soweit
mehrere Kinder zu betreuen sind, ist auf die Umstände des Einzelfalls
abzustellen.
Geht der unterhaltsberechtigte Ehegatte über
das an sich zumutbare Maß hinaus einer Erwerbstätigkeit nach, so richtet sich
die Anrechenbarkeit seines dadurch erzielten Einkommens auf den
Unterhaltsanspruch nach § 1577 Abs. 2 BGB.
17.2 In der Regel besteht für den
Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme
oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.
Weitere Unterhaltsansprüche
18. Ansprüche nach § 1615 l BGB
Der Bedarf der Mutter oder des Vaters eines
nichtehelichen Kindes richtet sich nach der Lebensstellung des betreuenden
Elternteils (§§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 BGB).
19. Elternunterhalt
Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen nach
den §§ 41 bis 43 SGB XII (Grundsicherung) zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9).
20. Lebenspartnerschaft
Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten die §§
12, 16 LPartG.
Leistungsfähigkeit und Mangelfall
21. Selbstbehalt des Verpflichteten
21.1 Es ist zu unterscheiden zwischen dem
notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB) sowie dem
Selbstbehalt gegenüber Ehegatten (§ 1581 BGB).
21.2 Für Eltern gegenüber minderjährigen
Kindern und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten volljährigen
Kindern gilt im Allgemeinen der notwendige Selbstbehalt als unterste Grenze der
Inanspruchnahme.
Er beträgt
- beim
Erwerbstätigen 1.450,00 EUR
- beim Nichterwerbstätigen 1.200,00 EUR.
21.3 Im Übrigen gilt beim Verwandtenunterhalt der angemessene
Selbstbehalt.
21.3.1 Er beträgt gegenüber volljährigen
Kindern, die nicht gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert sind, 1.750,00
EUR.
21.3.2 Gegenüber der Mutter oder dem Vater
nichtehelicher Kinder nach § 1615 l Abs. 1 BGB beträgt der angemessene
Selbstbehalt des erwerbstätigen Unterhaltsschuldners 1.600,00 EUR und
des nicht erwerbstätigen Unterhaltsschuldner 1.475,00 EUR.
21.3.3 Gegenüber Eltern beträgt der
Selbstbehalt mindestens 2.650,00 EUR
zuzüglich der Hälfte des
darüber hinausgehenden Einkommens (bei Vorteilen des
Zusammenlebens in der Regel 45 % des darüber hinausgehenden Einkommens).
Unabhängig vom Selbstbehalt wird die Inanspruchnahme auf Elternunterhalt bei
übergegangenen Ansprüchen begrenzt durch die Regelungen im Gesetz zur
Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger in der Sozialhilfe und in der
Eingliederungshilfe (Angehörigenentlastungsgesetz vom 10. Dezember 2019; BGBl I
S. 2135).
21.3.4. Für den Selbstbehalt gegenüber Enkeln gilt 21.3.3 entsprechend.
21.4 Gegenüber Ehegatten beträgt der
Selbstbehalt (§ 1581 BGB) des erwerbstätigen Unterhaltsschuldners 1.600,00
EUR und des nicht erwerbstätigen Unterhaltsschuldners 1.475,00 EUR. Bei
beengten wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere im absoluten Mangelfall,
kann der Selbstbehalt angemessen bis zum notwendigen Selbstbehalt (1.450,00
EUR/1.200,00 EUR) vermindert werden.
21.5 Beim Verwandtenunterhalt kann der
jeweilige Selbstbehalt unterschritten werden, wenn der eigene Unterhalt des
Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt ist (vgl. Nr.
22). Wegen der Kostenersparnisse bei gemeinschaftlicher Haushaltsführung kommt
eine Kürzung des Selbstbehalts dann in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige
mit einem Dritten zusammenlebt.
22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden
Ehegatten
22.1 Der Mindestbedarf des mit dem
Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten bei Ansprüchen des
nachrangigen geschiedenen Ehegatten beträgt 1.280,00 EUR.
22.2 Der Mindestbedarf des mit dem
Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten bei Ansprüchen nicht
privilegierter volljähriger Kinder beträgt 1.400,00 EUR.
22.3 Zum Mindestbedarf des mit dem
Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten bei Ansprüchen von Eltern oder
Enkeln vgl. 21.3.3 bzw. 21.3.4.
23. Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder
geschiedenen Ehegatten
23.1 gegenüber einem nachrangigen geschiedenen Ehegatten 1.600,00 EUR
23.2 gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern 1.750,00 EUR
23.3 gegenüber Eltern und Enkeln des Unterhaltspflichtigen 2.650,00
EUR
24. Mangelfall
24.1 Grundsatz
Reicht der Betrag, der zur Erfüllung mehrerer
Unterhaltsansprüche unter Berücksichtigung des Selbstbehalts des Verpflichteten
(Nr. 21) zur Verfügung steht, nicht aus, um alle Ansprüche zu erfüllen, so ist
der den Selbstbehalt übersteigende Betrag auf die Berechtigten unter Beachtung
der Rangverhältnisse zu verteilen.
24.2 Einsatzbeträge
Die Einsatzbeträge für minderjährige
unverheiratete und ihnen gleichgestellte volljährige Kinder entsprechend den
Tabellenbeträgen der ersten Einkommensgruppe der Tabelle in Anlage I abzüglich
des nach § 1612 b Abs. 1 BGB zur Bedarfsdeckung zu
verwendenden Kindergeldes.
24.3 Berechnung
Die nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen
verbleibende Verteilungsmasse ist anteilig auf alle gleichrangigen
Unterhaltsberechtigten im Verhältnis der (ggf. um eigene Einkünfte gekürzten)
Einsatzbeträge zu verteilen.
24.4
Angemessenheitskontrolle
Das im Rahmen der Mangelfallberechnung gewonnene Ergebnis ist auf seine
Angemessenheit zu überprüfen.
Sonstiges
25. Rundung
Der Unterhaltsbetrag ist auf volle EUR aufzurunden.
Die Partner, wenn es um IHR Recht in Familie und Beruf geht.